11. Februar 2023
Pressemitteilung 1-2023
9. Internationaler Tag der Frauen und Mädchen in der Wissenschaft: 100 Jahre Professorinnen
Dieses Jahr stellt ein besonderes Jubiläum für Frauen und Mädchen in der Wissenschaft in Deutschland dar: Vor 100 Jahren wurde Margarete von Wrangell als erste deutsche Professorin an die Universität Hohenheim berufen. Die Chemikerin und Botanikerin leitete an der landwirtschaftlichen Hochschule das Institut für Pflanzenernährung und beschäftigte sich vor allem mit modernen Düngemethoden.
In einer Zeit als Frauen in der Wissenschaft häufig noch als Kuriosum wahrgenommen wurden, war ihr Weg gezeichnet von zahlreichen Hürden und Kämpfen gegen Vorurteile. Ihr Ziel erreichte sie schließlich durch ihre außerordentlichen wissenschaftlichen Leistungen, aber auch durch glückliche politische Umstände und einflussreiche Unterstützer.
Seitdem hat sich einiges verändert: War Margarete von Wrangell noch eine von nur vier Studentinnen an der damals 1400 Studierenden starken Universität Tübingen, sind unter den Studienanfänger*innen in Deutschland mit 52% heute sogar etwas mehr Frauen als Männer vertreten. Auch unter den Promovierenden ist die Verteilung mit einem Frauenanteil von 46% fast ausgeglichen, dennoch zeichnen sich je nach Fachgebiet immer noch deutliche Unterschiede ab. Ein Blick auf diese Zahlen könnte den Eindruck vermitteln, die meisten Hürden in der Gleichstellung in den Hochschulen seien bereits überwunden.
Doch richtet man den Blick auf die oberste Ebene des Wissenschaftsbetriebs trübt sich dieses Bild schnell wieder: Im Land Baden-Württemberg wurden 2021 nur 31% der Habilitationen von Frauen verfasst, bei den Professuren war nur fast jede vierte (24,1%) mit einer Frau besetzt. Dies bestätigen auch erneut die heute veröffentlichten Zahlen des statistischen Landesamts Baden-Württemberg: Mit nur 16,1% Anteil an Professorinnen im Wintersemester 2021/2022 besteht vor allem im MINT-Bereich eine riesige Diskrepanz bei der Besetzung von Stellen mit Frauen.
Auch ein ganzes Jahrhundert nach der Berufung der ersten Professorin sind Frauen in wissenschaftlichen Führungspositionen stark unterrepräsentiert, Veränderung findet weiterhin nur in mäßigem Tempo statt. Während Margarete von Wrangell durch politischen Druck und Ausnahmeregelungen zu ihrem Recht verholfen wurde, braucht es für eine breite und nachhaltige Gleichstellung grundlegende Änderungen, die strukturelle Benachteiligungen abbauen. Ansatzpunkte sind dabei die gezielte Ansprache geeigneter Bewerberinnen in Berufungsverfahren, Verbesserungen der Vereinbarkeit von Familienplanung und akademischer Karriere sowie die Förderung von vielversprechenden Wissenschaftlerinnen in ihrer Qualifizierungsphase. Heute zweifelt fast niemand mehr den ungemeinen Wert von Frauen und Mädchen in der Wissenschaft für unsere Gesellschaft an. Umso mehr ist es Zeit diese Erkenntnis auch konsequent in Baden-Württemberg in die Tat umzusetzen. Im Ländervergleich rangiert Baden-Württemberg immer noch auf einem der hintersten Plätze.
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Kontakt
Dr. Dagmar Höppel
Vorsitzende des Verband Baden-Württembergischer Wissenschaftlerinnen
E-Mail: info@vbww.net
Website: https://vbww.net/